Ein neuer Untersuchungsausschuss zum Thema Eurofighter-Abfangjäger steht vor der Tür. Andreas Unterberger analysiert, worum es wirklich geht und warum Österreich ein großer Schaden droht.
Selbst der
Fußballklub Rapid (er steht der Wiener SPÖ nahe) hat Millionen von den
Eurofighter-Herstellern bekommen. Berater und Lobbyisten haben rund um den
Österreich-Deal 40 bis 90 Millionen Euro erhalten. Das alles ist seit Jahren
bekannt. Das alles ist anrüchig, aber ohne weitere Beweise noch nicht
kriminell. Gleichzeitig fliegen die Eurofighter nun schon seit zehn Jahren.
Daher fragt man
sich: Wa-rum strengen Rot-Grün - mit Unterstützung der FPÖ - schon wieder einen
Untersuchungsausschuss zum Thema Eurofighter an? Warum gibt es gar eine
Strafanzeige ohne Substrat? Warum widmet der Justizminister dem gleich zwei
Sonderstaatsanwälte, was total unüblich ist? Warum wird schon vor Beginn
angekündigt, dass das Verfahren jedenfalls bis 2018, also wohl über die Wahlen hinaus,
dauern wird? Trotz der großen Aufregung liegen keine neuen Fakten vor. Kein
einziges der altbekannten Details reicht für ein Strafurteil oder gar eine
Rückabwicklung des Flugzeugkaufs.
Beim Forschen nach dem Warum trifft man auf ein bekanntes und viele erstaunliche Motive.
SPÖ erhofft sich Vorteile
Erstens:
Bekanntlich nahen Wahlen. Vor solchen wird alles hervorgeholt, was genutzt
werden kann. Die SPÖ lässt über Österreichs derzeit populärsten Politiker, den
VP-Mann Sebastian Kurz, sogar bis in die Schule zurück forschen, ob man ihm
nicht etwas anhängen kann. Sie hat aber nicht nur dafür einen schon mehrmals
(bei SPÖ und NEOS) im Einsatz gewesenen Dirty-Campaigning-Spezialisten
engagiert. (Der angeblich kein Honorar bekommt - zumindest nicht in Österreich.
Was übrigens schon ebenso dubios ist wie etliche Vorkommnisse rund um die
Flieger.)
Wenn solche
Dirty-Campaigner nichts finden, graben sie halt alte Schlager aus. Wie etwa die
Abfangjäger. Die SPÖ-Kalkulation hofft, damit die Stimmung erzeugen zu können:
"Irgendwas wird schon dran sein." Und: "Was brauch ma des?"
Wird diese SPÖ-Spekulation aufgehen? Das ist fraglich. Denn immer mehr Österreicher spüren, dass die Zeiten ungemütlicher werden, dass es vielleicht doch gut ist, ein Minimum an Landesverteidigung zu haben. Sie sehen: einen Putin, der fremde Länder besetzt; einen Erdogan, der die Demokratie abschaffen will; einen Trump, der sich von Europa abwendet und so wie sein Vorgänger die militärische Karte spielt; eine EU mit Zerfallserscheinungen; einen islamistischen Terrorismus, der immer näher rückt.
Kampf ums Burgenland
Zweitens: Eine
Hauptrolle spielt Peter Pilz. Der Grüne stand schon auf der Todesliste von
Parteichefin Glawischnig. Jetzt aber hat er ein perfektes Doppelpass-Spiel mit
Verteidigungsminister Doskozil begonnen und sich als prominentester
Abfangjäger-Jäger politisch einbetoniert. Er ist dabei von Doskozil weit besser
informiert worden, als dieser den eigenen Koalitionspartner informiert hat. Der
Minister hat ihm sogar den jahrelang geheim gehaltenen Abänderungsvertrag
zugespielt, den Doskozils Vorgänger Darabos mit EADS abgeschlossen hat.
Drittens: Ein
weiteres geheimes Motiv für das neuerliche Aufkochen der Affäre ist der
Machtkampf Doskozil kontra Darabos um die Nachfolge des burgenländischen
Landeshauptmanns Niessl. Denn der angesprochene Abänderungsvertrag von Dara-bos
ist ja vorerst die einzige wirklich neue Substanz des Ausschusses. Und dieser
Vertrag war katastrophal: Die Flugzeuge waren aus einer technisch stark
reduzierten Version, die statt Abfangjägern fast nur noch - sehr schnell -
fliegende Kameras waren, die also militärisch ohne die notwendige Bewaffnung
bedeutungslos geworden waren. Auch der Preisnachlass war nicht entsprechend.
Mehrere Parteien haben daher den - rhetorisch ohnedies schwachen - Darabos zu
ihrem Hauptziel im Ausschuss erkoren.
Der Burgenländer Doskozil kann so den Burgenländer Darabos über die Bande elegant als einzigen Konkurrenten um den künftigen Landeshauptmann-Job erledigen. Halt ein Kollateralschaden.
Schmiergeld-Verdacht
Viertens:
Einige Parteien dürften das Gefühl haben, zu wenig bekommen zu haben. Vor allem
die SPÖ weiß ja, was sich so alles beim vorletzten Flugzeugkauf aus Schweden
abgespielt hat (der von Teilen der ÖVP hart kritisiert worden ist). Ihr
damaliger Mann fürs Grobe, Karl Blecha, hatte - obwohl gar nicht zuständig -
mehrere geheimnisvolle Besuche in Schweden absolviert.
Die Vermutung
liegt nun nahe, dass man sich auch diesmal ungefähr gleich viel erwartet, aber
offenbar nicht bekommen hat. Beweise für Bestechungen gibt's zwar keine, aber
man hofft halt.
Fünftens: Erstaunlicherweise hat das Verteidigungsministerium die verlangte Vertragsauflösung (zivil-)gerichtlich gar nicht eingeklagt. Freilich: Die Verfahrenskosten wären da sehr teuer und man müsste selbst Beweise vorlegen, die man nicht hat. Da lässt man lieber die Staatsanwälte des eilfertigen Justizministers arbeiten und hofft, dass diese Beweise finden.
"Erpressung durch
Österreich"
Das sechste
Motiv ist das niederträchtigste. Es heißt: "Erpressung durch Österreich". Und
es ist eines Rechtsstaats absolut unwürdig. Österreich hat zwar keinerlei
Beweise für echte Rechtswidrigkeiten; auch ist die Forderung nach einer
Rückabwicklung des Kaufes von bereits zehn (!) Jahre in Verwendung stehenden
Flugzeugen rechtlich - nicht zuletzt auf Grund des Darabos-Vergleichs - total
chancenlos. Aber dennoch wird ein Strafverfahren gegen EADS eingeleitet. Denn
man weiß: Das ist extrem unangenehm für die Eurofighter-Firma EADS.
Diese Firma ist
ja einer der weltweit größten Produzenten von Flugzeugen und vielem anderem.
Sie ist daher in viele Verkaufsverhandlungen und Ausschreibungen involviert.
Jedoch: Solange irgendwo ein Strafverfahren gegen sie läuft, hat sie ein
gewaltiges Bleigewicht am Bein. In manchen Ländern scheidet sie dadurch
automatisch aus dem Wettbewerb aus. In anderen liefert das Strafverfahren den
Konkurrenten exzellente Argumente gegen den deutsch-französischen Konzern,
gegen die sich dieser aber kaum wehren kann, solange Österreich das Verfahren
hinauszieht. Bulgariens Behörden etwa haben sich schon besorgt erkundigt.
Man kann
natürlich sagen: Das ist ein guter Trick der Wiener Regierung, weil solcherart
EADS zu einem Vergleich bewegt werden könnte.
Moralisch ist
es aber wirklich letztklassig, gegen jemanden ein Strafverfahren einzuleiten
und dieses absichtlich über Jahre am Köcheln zu halten, nur um aus der
Gegenseite auch ohne Rechtsanspruch etwas herauszupressen. Es ist vor allem
dann nackte Erpressung, wenn es derselbe Staat ist, der Geld von einer Firma
will, der auch gegen diese ein Strafverfahren betreibt. Das zwar aussichtslos
ist, das aber diese Firma schwer zu schädigen vermag.
Dazu kommt:
Diese Erpressung ist nicht nur mies, sondern auch riskant. Denn am Ende des
Tages könnte Österreich dadurch schadenersatzpflichtig in Milliardendimension
werden. Wenn beim Strafverfahren nichts herauskommt, dann könnte EADS
seinerseits anderswo eine Klage einbringen. Das Unternehmen könnte dann eine
Reihe Milliardendeals auflisten, die es wegen der unberechtigten
österreichischen Aktion verloren hat. Dann ist durchaus möglich, dass
(internationale) Richter am Schluss zur Überzeugung kommen, dass Österreich dem
Unternehmen böswillig und vorsätzlich einen Schaden zugefügt hat. Den es
ersetzen muss.
Gewiss: Das wird Jahre dauern. Und zahlen werden das dann natürlich die Steuerzahler müssen und keiner der handelnden Politiker und Beamten.