Sich mit dem Geld anderer Wünsche erfüllen. Davon träumen nicht nur Gründer von Start-ups, sondern auch immer mehr bestehende Betriebe und Privatpersonen. Der Fantasie sind beim Crowdfunding keine Grenzen gesetzt. Den Summen offenbar schon. alles roger? hat einige Modelle unter die Lupe genommen.
Text: Martina Bauer
"Ich hätte gerne 20.000 Euro Kredit für mein junges Unternehmen zur Überbrückung." Diesen frommen Wunsch trug der Jungunternehmer Stefan Ponsold vor vier Jahren bei seiner Bank vor. "Dafür wollen wir von Ihnen ein Sparbuch mit 15.000", so die Antwort des Bankbeamten. Die Widersinnigkeit steht für sich. Das Potenzial der Mega-Idee SunnyBAG hat man bei dem Institut nicht erkannt. Stattdessen erklärte man Ponsold die Basel-3-Kriterien. Im Klartext: kein Kredit ohne entsprechende Besicherung.
2013 waren die Möglichkeiten, für Jungunternehmer an Venture Capital zu kommen, in Österreich generell spärlich. Ponsold aber fand die damals neu gegründete Crowdfunding-Plattform Green Rocket. Statt 20.000 Euro bekam er mittels Crowdfunding 170.000 Euro. Nur ein Jahr später gewährte der aws Gründerfonds, eine Tochterfirma der Austria Wirtschaftsservice GmbH ein weiteres Darlehen.
"Das zahlen wir bereits zurück. Uns geht's super gut. Wir schreiben schwarze Zahlen und haben mittlerweile 50.000 Solarladegerät-Produkte verkauft", erklärt Stefan Ponsold gegenüber alles roger? Im Februar wurde SunnyBAG in München mit dem ISPO Award ausgezeichnet. Eine Tochterfirma im Silicon Valley haben die Grazer auch gegründet. Erhältlich sind die mobilen Solar-Ladegeräte, auch in Form von Taschen und Rucksäcken, europaweit in 1.200 Geschäften, im eigenen Online-Shop und auf Amazon.
Eine Erfolgsgeschichte wie aus dem Bilderbuch, die fast an 20.000 Euro gescheitert wäre. Nicht zuletzt deshalb entstehen immer mehr Crowdfunding-Plattformen. Eine davon ist PrimeCrowd, die der Geschäftsführer Markus Kainz vor eineinhalb Jahren gegründet hat.
"In den acht Monaten, seit das operative Geschäft läuft, haben wir sechs Start-ups mit rund einer Million Euro auf die Beine geholfen", erklärt Markus Kainz. Einen Plan müssen junge Unternehmer aber schon haben. "Eine gute Idee alleine ist zu wenig. Da müssen einige Kriterien erfüllt werden. Eines davon ist der sogenannte proof of market", sagt Kainz. Nach einer Umfrage unter den 50 besten Investoren im eigenen Netzwerk werden die Projekte dann auch an die anderen 400 Investoren weitergeleitet.
Die Investmentsummen belaufen sich von 10.000 bis 200.000 pro Unternehmen. Ist der Pitch, also der Zuschlag, erst mal gemacht, sind Start-up und Investor verheiratet. Meistens in Form einer Gesellschafterbeteiligung. Da gibt es dann kein Zurück, wobei Anteile auch wieder verkauft werden können. Die meisten Investoren sind Geschäftsleute. Privates Investment ist in Österreich fast kein Thema. "Da bilden wir in der EU gemeinsam mit Griechenland und Rumänien das Schlusslicht", sagt Kainz.
Ähnlich läuft der Hase beim aws Gründerfonds, einer Tochterfirma der Austria Wirtschaftsservice GmbH. Das Geld kommt vom Finanz- und Wirtschaftsministerium sowie von der Erste Group und privaten Investoren. Damit werden seit vier Jahren ausschließlich österreichische Jungunternehmen finanziert. "Pro Start-up investieren wir bis zu drei Millionen Euro für eine Gesellschafterbeteiligung. Bisher wurden 20 Jungunternehmen mit 55 Millionen Euro bedient. 40 Millionen kamen dabei von Co-Investoren und der Rest vom aws Gründerfonds.
Damit ist das Unternehmen der aktivste österreichische Venture Capital Fonds", erklärt Geschäftsführer Ralf Kunzmann. Aktuell hat der aws Gründerfonds 17 Start-ups im Portfolio, nachdem es bereits zwei erfolgreiche Exits gab und eine Firma - bedingt durch Insolvenz, ein Ausfall war. Die Kriterien sind ansonsten ähnlich gelagert wie bei PrimeCrowd. Auch hier reicht eine gute Idee alleine nicht.
Crowdfunding für jedermann gibt's mittlerweile aber natürlich auch. Allerdings brauchen die Träumer dafür einen langen Atem. Diese Art von Crowdfunding basiert meist auf Pyramidensystemen. So wie bei Crowdfunding International. Auf der Plattform kann man sein Anliegen vorstellen, also erklären, wofür man das Geld braucht, und selbst Geld einzahlen.
Dann muss man Gleichgesinnte finden, die wiederum ihre Träume verwirklichen und Geld einzahlen wollen. Die müssen ebenfalls wieder jemanden finden, und so weiter und so fort. Je mehr an den Wurzeln einzahlen, desto mehr Geld fließt in den eigenen Baum, wobei es natürlich nur in der Krone richtig raschelt. Allzu groß sollten die Träume in dem Fall aber nicht sein. Derzeit sind auf dieser Plattform 38.264 genehmigte Projekte aus 151 Ländern eingetragen.
Der Einfallsreichtum ist bei der Schwarmfinanzierung ganz wichtig. Oft reicht schon eine richtig coole Idee, um im eigenen Betrieb frischen finanziellen Wind wehen zu lassen. Vor allem in der Landwirtschaft gibt es da viele Möglichkeiten zu Tauschgeschäften mit Naturalien. Wein, Bio-Gemüse, Orangen oder Honig. Weit gestreut sind die Möglichkeiten und oft auch grenzüberschreitend.
Seinen eigenen Orangenbaum in Valencia zu pflanzen ist mit Crowdfarming kein Problem. Naranjas del Carmen macht's möglich. So wird man Landwirt 2.0. Einfach unter www.naranjasdelcarmen.com anmelden, 80 Euro überweisen und schon bekommt man auf der Plantage einen Baum gepflanzt. Mit eigenem Namensschild. Dem aber nicht genug, hat man pro Jahr (Erntezeit ist Jänner bis Mai) 80 Kilo Orangen zur Verfügung. Die kann man sich selbst abholen oder man lässt sie sich nach Hause schicken. Kosten für den logistischen Aufwand: 30 Euro für 15 Kilo.
Bis der gepflanzte Baum Früchte trägt, kommt die Ernte von einem anderen Baum. Wer sich lieber für Bienen engagieren möchte, kann das unter der gleichen Adresse tun. Die Adoption eines kleinen Bienenstocks kostet 70 Euro, und dafür gibt's nicht nur ein gutes Gewissen, sondern auch vier Kilo Orangenblütenhonig. Fleißig Geld sammeln wie die Bienchen, das ist ohnehin der ursprüngliche Gedanke von Crowdfunding.