Mit dem Artikel über die Polizisten, die nicht mehr als verlängerter Arm des Finanz-amtes tätig sein wollen, hat alles roger? den Nerv der Zeit getroffen. Die Story hat auf unserer Homepage die meisten Zugriffe und wir haben sehr viele Zuschriften von Polizisten bekommen, denen es ähnlich geht. Hier ein Auszug aus den Leserbriefen.
Polizist 1: Ich bin Polizist auf einer Polizeiinspektion in Klagenfurt. Auf dieser werden Strichlisten für die Anzahl der Organmandate und Anzeigen geführt. Ein "deppertes" Laser-Organmandat ist gleich viel wert wie eine Führerscheinabnahme. Kurios: Zu Lasten des Kriminaldienstes, welcher sich um die Strafakten kümmern sollte, wurden die Stunden für Laserkontrollen um das Vielfache hinaufgeschraubt. Wegelagerer eben. Die "Kriminaldienstler" werden auch nach der Anzahl der Organmandate und Verkehrsanzeigen und nicht nach geklärten Strafbeständen beurteilt. Sollten Dienstzuteilungen anstehen, wird die Strichliste ausgewertet und der Letzte geht. Egal ob dieser Beamte sonstige höherwertige Qualifikationen hat. Nicht genügend, gestraft, weg mit ihm. Bitte meinen Namen nicht nennen, da ich dann wohl meinen Dienst in den nächsten Monaten irgendwo auf einer weit entfernten Dienststelle versehen werde. Auch nicht ansatzweise und schon gar nicht den Ort der Polizeiinspektion. Jeder in Klagenfurt weiß, welche Polizeiinspektion gemeint ist.
Polizist 2: Auf unserem Revier in Wien wird mehr Wert auf Anzeigen und Organstrafmandate gelegt als auf die Aufklärung von Verbrechen. Wenn bei uns Fahrraddiebstähle zur Anzeige gebracht werden, wird uns sogar nahegelegt, diese gar nicht mehr aufzunehmen, da die Chance auf Klärung sowieso verschwindend gering ist. Das wäre viel zu viel Aufwand und in dieser Zeit könnte man mindestens schon wieder vier bis fünf Strafen verhängen. So habe ich mir den Dienst als Polizist nicht vorgestellt, so wollte und will ich nicht arbeiten. Die normale Bevölkerung mag uns nicht, da wir bei jeder Gelegenheit Geldstrafen verteilen müssen, und die richtigen Kriminellen haben keinen Respekt vor uns, da wir ihnen in Wahrheit ja eh nichts tun können. Es muss dringend etwas passieren. Es sollte wieder Dienst für den kleinen Mann getan werden und nicht gegen ihn. Am liebsten würde ich dieses Mail mit vollem Namen unterschreiben, aber ich habe zwei kleine Kinder zu Hause und bin auf den Job angewiesen.
Polizistin 2: Ich bin seit drei Jahren Polizistin in Oberösterreich und habe mich sehr gefreut, als ich den Bericht über den Aufstand der Polizei gelesen habe. Ich muss sagen, auch bei uns ist es nicht viel anders. Bei uns gibt es ganz klare Vorgaben, wie viele Strafzettel und Organmandate wir pro Woche verteilen müssen. Wenn jemand diese Vorgaben nicht erfüllt, dann bekommt er die Dienste, die besonders unbeliebt sind. Das Ganze ist eigentlich kaum zu glauben, denn eigentlich sollten wir ja zum Schutz der Öffentlichkeit da sein und nicht, um ihr das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ich habe mir deshalb schon überlegt, den Job an den Nagel zu hängen, aber vielleicht ändert sich ja wirklich etwas. Ich habe jetzt schon mit ein paar Kollegen gesprochen, ob wir uns nicht auch gegen diese Vorgaben wehren sollen. Bitte schreiben Sie meinen Namen nicht, denn sonst bin ich suspendiert oder gekündigt, bevor sich irgend etwas ändern kann.
Polizist 4: Bravo zu diesem Artikel und bravo an die Kollegen, die den Mut hatten, mit euch zu reden. Auch auf unserem Posten in Niederösterreich gibt es Polizisten, die so denken und die Menschen nicht mehr abzocken wollen. Wir haben aber auch genug Kollegen, die die Leute gern strafen und die sich in der Machtposition sehr wohlfühlen. Wenn man mit denen Dienst tut, ist es unmöglich, jemanden mit einer Verwarnung davonkommen zu lassen. Bei uns ist strafrechtlich nicht besonders viel zu tun, wir haben sehr viel Zeit, um Geld einzutreiben. Ich bin aber auch der Meinung, wenn sich die Leute an die Gesetze halten, dann können wir auch nicht abkassieren. Prinzipiell werden die Strafen zu Recht verhängt, aber es sollte wieder ein bisschen Menschlichkeit einkehren und mehr mündliche Verwarnungen geben.