Es gab einmal Institutionen, die man als urtypisch österreichisch bezeichnete und die das Orts- oder Stadtbild jahrzehntelang prägten. Heute kennen die meisten den Greißler nur mehr aus Erzählungen. Wird es bei den Trafiken auch bald so sein?
Text: Michael Troy
Der Greißler nebenan ist fast schon Geschichte. Könnte es auch eine zweite Institution der Nahversorgung treffen? Die Zahl der Tabaktrafiken in Österreich ist zuletzt deutlich zurückgegangen. Im Jahr 1997 etwa gab es bundesweit noch 3.228 Tabakfachgeschäfte, heuer sind es nur mehr ungefähr 2.425. Vom einem Trafikensterben zu sprechen, ist vielleicht etwas überspitzt, aber es steht fest, dass der Markt für Trafiken in den vergangenen Jahren viel kleiner geworden ist. Und vor allem schwieriger.
Viele glauben, dass die strengen Rauchverbote in der Gastronomie und die zahlreichen Kampagnen, so wie die Schockbilder auf den Zigarettenverpackungen, die die gesundheitsschädliche Wirkung des Rauchens in den Mittelpunkt stellen, für die Probleme verantwortlich sind. Trotzdem ist die Zahl der in Österreich gekauften Zigaretten (jährlich sind es circa 13 Milliarden Stück) nur geringen Schwankungen ausgesetzt. In den vergangenen fünf Monaten war sogar wieder ein Plus von 1,4 Prozent zu verzeichnen. Daher ist die Hauptschuld vielleicht auf das Einkaufsverhalten der Österreicher zurückzuführen. "Die Menschen kaufen gleich beim Großeinkauf im Einkaufszentrum ihre Zigaretten", sagen viele betroffene Trafikanten, "und gehen nicht mehr zum Nahversorger." Für Tabaktrafiken in diesen Zentren ist das sicher ein Vorteil, für viele kleine Geschäfte in Wohngebieten oder im ländlichen Raum aber ein großes Problem. Viele Unternehmen siedeln sich aus Kostengründen am Stadtrand an, dadurch geht den kleinen Trafiken in der Stadt oder in Kleinstädten, in denen früher in der Mittagspause Zigaretten gekauft wurden, einiges an Kundenfrequenz verloren. Außerdem gibt es deutlich mehr Automaten, und auch Tankstellen verkaufen Tabakwaren.
Es gibt allerdings auch etliche andere Gründe, warum das Geschäft nicht mehr so läuft wie früher. 2001 senkte die Post die Provisionen für den Briefmarkenverkauf von sieben auf drei Prozent, daher führen viele Trafiken keine Marken mehr. 2002 folgte die Einführung des Euro und damit das Ende der Stempelmarke. Schließlich fiel 2007 auch die Einfuhrbeschränkung für Zigaretten aus dem Ausland - statt 200 Stück dürfen seither 800 Stück aus EU-Ländern eingeführt werden. Es gab und gibt etliche Versuche, Kunden mit zusätzlichen Angeboten in die Trafik zu locken - vom Nebengeschäft mit Billets, Parkscheinen und Autobahnvignetten bis zum Bücherverkauf. Anscheinend reicht das alles nicht, um mehr Kaufwillige ins Geschäft zu holen - und für den Umsatz spielt es sowieso nur eine geringe Rolle. Nach Angaben der Monopolverwaltung kommen 80 Prozent davon über den Tabakverkauf, mit etwa 15 Prozent ist Lotto ein zweites Standbein, erst dann kommt das Geschäft mit Zeitungen und Magazinen.
Prämie fürs Zumachen
Um die Situation für die Trafiken zu verbessern, hat die Monopolverwaltung im Jahr 2008 eine etwas umstrittene Maßnahme initiiert: Trafikanten mit geringen Umsätzen wurden dazu ermutigt, ihr Geschäft zu schließen. Lag der Jahresumsatz unter 500.000 Euro brutto im Jahr, konnten die Inhaber für das Sperren ihrer Trafik eine sogenannte Stilllegungsprämie beantragen, bis zu 40.000 Euro hat dann ein Trafikant aus einem Fonds der Tabakindustrie bekommen. Der Gedanke dahinter: Gibt es weniger Trafiken, sind die übrig gebliebenen wirtschaftlich lebensfähig. Laut Monopolverwaltung "sollte es daher in ganz Österreich etwa 200 Trafiken weniger geben". Offenbar hat die Maßnahme gewirkt. Gab es 2013 in Wien fast 800 Trafiken, sind es heute nur mehr 650. In ländlichen Gebieten ist das Verschwinden der Institution noch stärker bemerkbar.
Es wurde zwar seitens der Monopolverwaltung immer betont, dass die Maßnahme auf Freiwilligkeit beruht und niemand zum Zusperren gezwungen werden soll, doch die Vertretung der Trafikanten in der Wirtschaftskammer war über die Schließungsprämie nicht erfreut. Der damalige Bundesgremialobmann Peter Trinkl sprach bei der Einführung von
einer "Sterbeprämie", die dem Umfeld eher schadet: "In Ballungszentren wie Wien mag das helfen, aber auf dem Land, wenn die nächste Trafik 20 Kilometer entfernt ist, bringt das nichts." Er plädierte für einen Solidaritätsfonds für Trafikanten in Problemzonen - etwa in grenznahen Gebieten. Einen solchen gab es schon, doch lief er 2012 aus.
Es stellt sich die Frage, ob eine weitere österreichische Institution damit auch ein Ablaufdatum hat.