Die Sicherheitsbürger sorgen derzeit in Österreich für Aufregung. Sie sollen das Bindeglied zwischen Bevölkerung und Polizei sein. Mehr Augen und Ohren für die Gesetzeshüter. alles roger? fragte nach, welches Sicherheitsproblem das Land plagt. Fazit: Noch leben wir auf der Insel der Seligen. Tu felix Austria!
Text: Martina Bauer
Gehen ein Magistratsbeamter, ein Community-Polizist und ein Sicherheitsbürger in einen Park... Liest sich wie der Beginn eines Witzes. Ist im Burgenland aber Realität. Im Eisenstädter Park hält das Sicherheitstrio zum Beispiel Ausschau nach nicht angeleinten Hunden und kontrolliert das Bettel- und Alkoholverbot.
Das ist Wasser auf die Mühlen der Gegner des Bürgerbeteiligungsmodells Gemeinsam Sicher. Geht es nach dem Willen des Bundesministeriums für Inneres, dann sollen künftig österreichweit sogenannte Sicherheitsbürger gemeinsam mit der Polizei für mehr Sicherheit sorgen. "Eine absolute Schnapsidee. Erst haben sie so viele Posten zugesperrt und die Polizei kaputt gemacht. Jetzt träumen sie von Sicherheitsbürgern" - ein langgedienter Kriminalbeamter findet klare Worte für das Projekt.
Wieder andere fürchten, dass die Vernaderer fröhliche Urständ feiern. Sie sehen Metternichs Zeiten heraufdämmern. Zeiten wie damals, als die Spitzel Hochkonjunktur hatten und Österreich ein Polizeistaat war.
Die Bezeichnung Sicherheitsbürger macht es nicht besser. Da schrillen fast automatisch die Alarmglocken. Selbst bei den Verantwortlichen in den Versuchsbezirken und -städten Mödling, Graz, Eisenstadt und Schärding. alles roger? fragte nach. "Mit dieser Wortwahl bin ich nicht glücklich. Sicherheitsbürger. Das ist ein sensibles Thema", sagt Oberst Peter Waldinger, Bezirkspolizeikommandant von Mödling.
Für Wien Grund genug, gleich einen anderen Weg einzuschlagen. "In Wien wird es keine Sicherheitsbürger geben. Oder anders gesagt: Alle Wiener können sich als Sicherheitsbürger fühlen. Wir führen wieder den Grätzelpolizisten ein. Pro Polizeiinspektion ist dann ein Polizist über seine Agenden hinaus für die Anliegen der Bevölkerung zuständig", erklärt Oberst Johann Golub, Pressesprecher der Polizei Wien gegenüber alles roger?.
Ebenfalls einen leicht abgeänderten Weg zu den klassischen Versuchsregionen Mödling, Schärding und Eisenstadt, wo es tatsächlich Sicherheitsbürger gibt, gehen auch die Grazer. Dort läuft das Projekt unter Bürgerbeteiligungspro-zessen. Sicherheitsbedenken und Anliegen werden in Work-shops abgearbeitet.
So wie vom BMI angedacht, wird das Projekt Gemeinsam Sicher im Bezirk Mödling mit 60, im Bezirk Schärding mit 28 und in Eisenstadt mit 13 Sicherheitsbürgern umgesetzt. Wer sich darunter eine moderne Version von Räuber und Gendarm mit Bürgerbeteiligung vorstellt, liegt falsch. Die auserwählten Sicherheitsbürger haben weder Rechte noch Pflichten. Sie unterscheiden sich in nichts zur restlichen Bevölkerung. Sieht man vom guten Draht zur Polizei ab. Denn sie sind das Bindeglied zwischen Beamten und den Leuten draußen. Jenen, die ein sicherheitstechnisches Problem orten, es aber für eine Bagatelle halten und damit nicht zur Polizei gehen.
Die Sicherheitsbürger kommunizieren direkt mit den Community-Polizisten, die für diesen Testlauf abgestellt sind. Geleitet wird das Projekt von den Community-Referenten. Im Fall von Eisenstadt ist der Verantwortliche Stadtpolizeikommandant Friedrich Tinhof. Der größte Coup, der bisher gelungen ist, war die Aufspürung eines Obdachlosen, der in einer desolaten Weinberghütte genächtigt hat. Auf die Frage, wie man diesem Fall begegnet ist, erklärte Tinhof im Interview: "Die Hütte wurde abgerissen, weil sie ohnehin nicht mehr gebraucht wurde." Zum Verbleib des Obdachlosen weiß man nichts. Viel Brisanteres haben auch die Sicherheitsbürger selbst nicht zu berichten.
Gerda Süsz, Sicherheitsbürgerin in der burgenländischen Hauptstadt, kann nur von Beschwerden über umgeknickte Mistkübel erzählen.
Christian Graf, Sicherheitsbürger im Bezirk Schärding sagt: "Die Leute stören die hoch gewachsenen Maispflanzen im Kreuzungsbereich. Wir wollen jetzt durchsetzen, dass künftig mit einem Abstand von fünf Metern angepflanzt wird. Ansonsten geht es bei uns um Prävention in Bezug auf Brände und Arbeitsunfälle."
Sabrina Pöltl, Sicherheitsbürgerin in Mödling: "Ein großes Problem sind die Mountainbiker, die in abgesperrten Waldstücken fahren. Unter den Leuten gibt's halt auch viele Vernaderer, wenn jemand zu schnell fährt zum Beispiel. Ich konzentriere mich auf meine Aufgabe. Wir müssen halt auch rausfinden was wichtig ist. Bei einer Einbruchsserie verteilen wir Informationszettel zum richtigen Verhalten. Bisher war das Feedback positiv. Wenn wir bekannter sind, wird auch das Echo größer sein."
Kann sein. Muss aber nicht.
Denn derzeit ist es doch eher so, dass die angeblich flächendeckende Angst, die in diversen Medien so gerne herbei geschrieben wird, bei der Bevölkerung scheinbar noch nicht wirklich angekommen ist. So gesehen sind wir ohnehin Gemeinsam Sicher. Und das sind doch wirklich mal good news.