Zwei Bauprojekte der Stadt Wien stoßen auf massive Bürgerproteste. Der Hörndlwald und die Steinhofgründe. alles roger? grub die Hintergründe aus.
Text: Bianca Winkler
Die Bürger protestieren, die Opposition steht auf den Barrikaden, allein die Stadtregierung von Wien macht, was sie will. Und sie hält es geheim, so lang sie kann und so gut es eben geht. In Wien lässt man keinen Stein auf dem anderen, doch es formieren sich auch überall Protestgruppen, denen die radikale Umgestaltung der Stadt nicht gefällt. Zwei Projekte sind besonders umstritten und befinden sich nach wie vor in einer heiklen Phase: Der Bau einer Burn-Out Klinik im Hörndlwald und der stückweise Verkauf des Otto Wagner Spitals auf der Baumgartner Höhe.
Beide Grundstücke hängen am Wienerwald.
Das eine ist ein Naturschutzgebiet, das andere ein über einhundert Jahre alter Spitalskomplex, den Experten als UNESCO-Weltkulturerbe klassifizieren. In beiden Fällen wird öffentlicher Grund an private Firmen zum Neuverbau vergeben, ohne dass die Bürger ein Mitsprache- oder Protestrecht haben und natürlich ohne irgendeine Transparenz darüber, was mit den Profiten passiert, die da gemacht werden. Nur eines ist klar, die Bürger haben nichts davon.
In beiden Fällen haben sich starke Bürgerproteste formiert, deren Machtlosigkeit und Belanglosigkeit im Kontext der Politik jeder modernen Auffassung von Demokratie widerspricht. Die Initiative Steinhof, seit sechs Jahren aktiv, hat über 60.000 Unterstützungserklärungen sammeln können, doch ihr Einfluss auf die Politik liegt bei null. Auch im Hörndlwald formierte sich eine aktive Bürgerbewegung, die mit Petitionen und Protestbriefen auffährt, aber von den Politikern im Rathaus geflissentlich ignoriert wird.
"Es ist ein reines Politikum, in Wahrheit ist alles längst entschieden", sagt Merten Mauritz, Vorsitzender der Bürgerinitiative Rettet den Hörndlwald. Laut Mauritz ist "es mit normalem Menschenverstand nicht zu begreifen", wieso man mitten im Wald, wo aktuell nichts außer Bäumen steht, ein Naturschutzgebiet zerstören und verbauen muss. Für ein Projekt, für das sich etliche verfügbare Grundstücke anbieten würden - nämlich das Otto Wagner Spital, das für seine Schwerpunktsetzung in der Psychiatrie noch dazu berühmt ist.
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Aber auch das Krankenhaus Lainz wird gerade stückweise demontiert, befindet sich in unmittelbarer Umgebung und würde sich in seinem Fortbestand als Klinik für diese Nutzung anbieten. Dort sollen - wie am Otto Wagner Spital - vorzüglich Wohnungen errichtet werden. Pro mente - die Betreiberfirma der Burnoutklinik - macht klar, dass sie im Hörndlwald bauen werden, da könnten die Bürger protestieren, so viel sie wollen. Als kleine Wiedergutmachung bieten sie die Re-Naturierung eines längst verbauten Gebietes an - im Hörndlwald befindet sich ein Flüchtlingsheim.
Von der Volkshilfe gebaut, von der Stadt Wien gekauft, aber seit mehr als zehn Jahren nicht mehr benutzt - so weit dürften die Pläne für eine weitreichende Verbauung des Hörndlwaldes zurückliegen. Man will wohl keine Flüchtlinge da, wo reiche Leute auf Kur fahren sollen - anders lässt sich nicht erklären, wieso man dieses Flüchtlingsheim in der aktuellen Krise nicht nutzt, sondern die Flüchtlinge lieber in leerstehenden Spitalshäusern unterbringt. So geschehen in Lainz/Hietzing, so geschehen im Otto Wagner Spital, aber wohl auch nur so lange, bis Wohnungen gebaut sind.
Auch die Protestbewegung Initiative Steinhof sieht den "Anfang vom Ende" bereits eingeläutet. Carola Röhrich und Gerhard Hadinger sind die Sprecher einer Bürgerbewegung, die ein Kultur- und Naturdenkmal für die Nachwelt und für die Öffentlichkeit erhalten will. Otto Wagner selbst soll über sein Spital gesagt haben "Den Ärmsten das Schönste". Doch diese Zeiten sind vorbei.
Still und heimlich wird das Otto Wagner Spital demontiert, zerstückelt, verkauft... und die Öffentlichkeit erfährt nur nachträglich oder zufällig von den Plänen. Aktuelle Grundstückswerte im Land Wien liegen durchschnittlich bei 561 Euro pro Quadratmeter, doch der Verkauf der denkmalgeschützten Anlage in Steinhof wird laut Nachrichtenblatt der Initiative bei Immobilienspekulaten um 350 Euro pro Quadratmeter angepriesen. Der KAV (Krankenanstaltenverbund) kann bei Teilgrundstücken des Otto Wagner Spitals ohne Gemeinderatsbeschluss nach eigenem Ermessen verkaufen und hat daher bereits an die VAMED (Krankenhausmanagement und Betriebsführungsges.m.b.H.) Grundstücke im Leasingverfahren vergeben. Die baute dort - wie könnte es anders sein - ein Rehabilitationszentrum.
Der Baustart erfolgte vermeintlich ohne Genehmigung, und die Ausbauarbeiten müssen als Erweiterungen bestehender Gebäude nicht mehr vom Denkmalschutz abgesegnet werden. Das ist sehr praktisch, denn die Baupläne der VAMED sehen eine Durchbrechung der denkmalgeschützten Steinhofer Mauer vor. Das ist keine Spekulation, sondern Fakt. Denn die Mauer wurde bei den derzeitigen Bauarbeiten bereits eingerissen. Auf Beschwerden der Initiative Steinhof wird nicht reagiert, niemand fühlt sich zuständig.
Während das Bauprojekt im Hörndlwald wegen einer Umweltverträglichkeitsprüfung noch in der Warteschleife hängt, geht es auf der Baumgartner Höhe bereits rund. Der Ausbau des Rehabiltationszentrums ist bei regulärem Betrieb in vollem Gange - sicher zur Freude der Patienten. Anfang des Sommers wurde still und heimlich die Schließung der Psychatrie am Otto Wagner Spital vollzogen, gleichzeitig kündigte die GESIBA den Baustart von 62 Wohungen an - sicher ein Zufall. Doch auch Steinhof kann noch auf das Umweltamt hoffen, so sind die Bäume entscheidend bei der Frage, ob nun wirklich die ersten Wohnungen auf ehemaligem Spitalsgelände - das auch ein NS-Mahnmal ist - errichtet werden.
Die Bürger erheben ihre Stimmen, aber sie werden nicht gehört. Zu viele Mauern, zu viel Beton und Politik wie Granit.