Die miesen Tricks der Online-Reisebüros

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Cookies, Suchverläufe, Online-Verhalten auschecken. Das sind die Tricks der vermeintlich billigen Online-Reisebüros. alles roger? zeigt auf, wie Leuten, die übers Internet buchen, das Urlaubsgeld aus der Tasche gezogen wird.
Text: Lauren Seywald

 

Und die Falle schnappt zu. Da hat man das Malheur. Obwohl man nur günstig in den Urlaub fliegen wollte. Bei dem Angebot der Online-Reisebuchung ist doch minus 30 Prozent gestanden. Ein Schnäppchen. Hat man geglaubt. Allerdings hat die Sache einen Haken.

Softwareentwickler wissen, was hinter den Kulissen des World Wide Web passiert. „Wer heute noch an die Anonymität im Internet glaubt“, sagen sie unisono, „bewegt sich weit entfernt von der Realität. Durch eine rasende Entwicklung der Internet-Technologien sind wir als gläserner User durchschaubarer denn je.“ Personalisierte Suchergebnisse und Werbungen auf Google, Amazon und Facebook sind die Spitze des Eisberges. Eh schon wissen. Aber dass Reise-Seiten die gleichen Tricks verwenden bezüglich Ergebnissen und Angeboten, ist dann doch neu.

Trick Nummer 1:

Apple vs. Windows 

Das heißt, wer mit einem Apple-Computer auf Schnäppchenjagd geht, bekommt andere Ergebnisse als ein Windows-User. Das basiert auf einem einfachen Vorurteil: Personen, die Apple-Produkte besitzen, haben mehr Geld. Können es sich also leisten, mehr für den Urlaub zu bezahlen. Trivago und Co. sind auf den Zug aufgesprungen. Und siehe da: Auf einem Mac bekommt man tatsächlich teurere Angebote vorgeführt als auf dem Windows-Computer.

Ein Beispiel auf Trivago: Wir suchen gleichzeitig eine Unterkunft in Köln für den Zeitraum vom 19. bis 20. 6. 16 mit Doppelzimmer.

Erstes Ergebnis vom Apple-User: Dorint An der Messe Köln um 125 Euro (statt um 214 Euro) das sind minus 40 Prozent – klingt gut. Bis man vergleicht.

Erstes Ergebnis vom Windows-User: Dorint An der Messe Köln um 119 Euro (statt 175 Euro) – offenbar minus 30 Prozent. Das heißt, trotz des höheren Rabattes mit Apple ist das Angebot immer noch um 6 Euro teurer. Obwohl es das gleiche Hotel ist. Zufall? Leider nein. Wir probieren es mit Berlin und New York. Überall das gleiche Ergebnis. Der Apple-User blecht mehr. Für New York kostet das erste Angebot sogar 828 Euro, statt 253 Euro wie bei Windows.

Zweites Beispiel: auf Booking.com ähnliche Ergebnisse: Es soll eine Reise nach Rom im Juni sein. Das erste Ergebnis schockiert: Auf dem Mac scheint das HT6 Hotel Roma für schlappe 1.629 Euro auf. Der Windows-User lacht sich ins Fäustchen. Er bekommt das Bettoga Hotel Mediterraneo für 492 Euro als Erstes angezeigt.

Dazu der IT-Experte: „Websites wie Trivago und Booking.com werden provisionsmäßig an der Vermittlung von möglichst vielen Reisekunden beteiligt. Und an dem Durchschnitt dieser Masse orientiert sich das Online-Angebot. Wenn die Zielgruppenanalyse zum Beispiel ergibt, dass Kunden, die schon Produkt X gekauft haben, im Schnitt bereit sind, zehn Prozent mehr für Produkt Y auszugeben, wird diese statistische Grundlage herangezogen, um für die Anbieter einen möglichst hohen Gewinn zu erwirtschaften. So ergibt sich, dass beispielsweise Apple-User teurere Angebote angezeigt bekommen, weil diese statistisch gesehen lieber in luxuriöseren Hotels wohnen und auch bereit sind, diese zu bezahlen.“

Trick Nummer 2:

Aufrufzahlen und Datum

Reisebuchung ist Glückssache. An dem einen Tag kostet der Urlaub im Reisebüro 300 Euro, am anderen Tag 400 Euro. Da braucht es das richtige Händchen. Aber Achtung, die Internetseiten speichern die Suche. Und so kann es durchaus vorkommen, dass weniger Entscheidungsfreudige Reisende das gleiche Angebot eine Woche später um 100 Euro billiger vorfinden. Jetzt oder nie, lautet die Devise. Noch immer nicht? Na gut, dann geht das Angebot wieder rauf. Jetzt muss man aber zugreifen, bevor es noch teurer wird.

Beispiel: Das Z New York Hotel am Times Square kostet 185 Euro. Eine Woche später kostet es 153 Euro. Und siehe da, noch ein paar Tage warten und wir sind wieder bei 193 Euro.

„Websites speichern kleine, unsichtbare Identifikationsmerkmale in den Browsern der Besucher (sogenannte Cookies). Diese beinhalten zahlreiche Informationen, wie Datum und Uhrzeit der letzten Besuche, Klickverhalten, Dauer des Websitenbesuches etc. Kommt ein Benutzer wieder auf diese Seite, werden die Informationen ausgelesen und das Verhalten der Website daran angepasst. Jemand, der sehr oft nach derselben Reisedestination sucht, hat vielleicht seinen Entschluss schon gefasst und hatte nur beim letzten Mal noch nicht die Kreditkarte bei der Hand. Ein gefundenes Fressen, da fallen 20 % mehr beim Preis gar nicht mehr auf“, so der Programmierer. Er hatte selber schon Kunden, die solche Tricks auf ihrer Homepage eingebaut haben wollten.

Um trotzdem jedes Angebot so attraktiv wie möglich aussehen zu lassen, haben sich die Online-Reisebüros etwas Schönes einfallen lassen. Sie geizen nicht mit den scheinbaren Prozenten und glücklichen Kunden.

„Heute 35 % Rabatt“, „Nur noch 1 Zimmer auf unserer Seite verfügbar – nutzen Sie Ihre Chance!“, „Kostenlose Stornierung“, „Hervorragende Bewertung“, „xy ist an den von Ihnen gewählten Daten bei Reisenden sehr beliebt auf unserer Seite (61 % gebucht).“

Dazu eine schöne Visualisierung mit grünen und roten Farben und man kann zu den Angeboten kaum noch Nein sagen.

„Auch diese „Werbeaufhänger“ werden an das vorangegangene Verhalten des Besuchers angepasst. Geld spielt keine Rolle und Sie sind auf der Suche nach Luxus pur? Dann weiß die Website ganz genau, dass Sie vermutlich auf Kundenstimmen und schöne Fotos mehr ansprechen als auf Preisreduktionen. Im Gegenzug wird der Student, der schon monatelang auf verschiedensten Portalen die Preise vergleicht, wohl eher mit einem satten Rabatt zu ködern sein. Notfalls werden die Preise eben kurz vorher erhöht, um dann ordentliche 60 % abzuschlagen“, erklärt der Entwickler.

Trick Nummer 3:

Werbung en masse

Wer auf Booking.com, TripAdvisor und Co. einmal nach New York gesucht hat, darf sich das für das restliche Leben vorhalten lassen.

E-Mails trudeln alle paar Wochen ein mit Wortlauten wie: „Jetzt für nur x Betrag Euro in den Big Apple reisen!“ , „Der Big Apple wartet auf Sie!“ , „Liebe(r) XY, wir haben tolle Angebote für New York gefunden …“ Man fragt sich, wie oft man im Jahr nach New York fliegen soll. Normal ist es mit einer Reise getan.

Und natürlich machen die Werbeschaltungen auf den sozialen Plattformen nicht halt. Dort ein Fensterchen mit „Wunderschöne Tassen mit New-York-Motiven“, da ein Inserat mit „Die Top-10-Dinge, die man in New York gemacht haben muss“ und hier eine Anzeige mit „Zehn Tage New York für nur x Betrag Euro“. Das ganze Internet weiß, dass man einmal überlegt hat, nach New York zu fliegen. Gebucht oder nicht, man hat die Freiheitsstatue nun am Hals.

Der Softwareentwickler hat dafür eine klare Antwort: „Durch modernste E-Mail-Marketing Technologien ist niemand mehr davor gefeit, auch in seinem Posteingang regelmäßig mit passgenauer Werbung zwangsbeglückt zu werden.“ Durch das sogenannte Site-Tracking ist es sogar möglich, nach dem Öffnen eines Newsletters jede Mausbewegung, jeden Klick und jedes Scrollen auf der Website quasi zu filmen und anhand dieser Daten dann wiederum neue Angebote zu erstellen. Die Website passt sich exakt an das Verhalten des Besuchers an und positioniert dann zum Beispiel auch Werbebanner dort, wo Ihr persönliches Hauptaugenmerk beim Durchforsten der Angebote liegt. Ein heißer Tipp für alle, denen das gegen den Strich geht: „Für solche Praktiken beim E-Mail-Marketing gibt es in Europa strenge gesetzliche Auflagen. Wenn Sie mit Werbe-E-Mails belästigt werden, ohne dass Sie dafür vorher eine ausdrückliche Zustimmung geben, kann das vor Gericht für die versendenden Firmen sehr teuer werden. Deshalb ist nach einem kurzen Hinweis per Mail, dass Sie keine zugeschnittenen Angebote erhalten möchten, auch gleich wieder Ruhe.“

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