Die südlichste Insel der Kanaren ist nicht nur für den ganzjährigen Sonnenschein berühmt, in gewissen Kreisen ist Gran Canaria auch für die vielen brutalen Hundekämpfe berüchtigt. alles roger? war mit einem Insider in Las Palmas unterwegs und unternahm bei dem grausamen, blutigen und widerlichen Spektakel einen Lokalaugenschein - und blickte hinter die Kulissen.
Text: Roland Hofbauer
Rauchende, lachende, schwitzende Männer stehen rund um einen Verschlag im Keller eines Hauses. Nicht wie man es sich vielleicht vorstellt, in irgendwelchen Slums, sondern in einer Nebenstraße des Zentrums der Hauptstadt. 500 Meter weiter werden Armani-Anzüge verkauft und hochpreisige Geschäfte reihen sich aneinander. Gut 100 Menschen haben sich hier versammelt und es sind erstaunlicherweise auch viele Frauen dabei.
Dann geht es auch schon los, zwei Hunde werden hereingebracht und in den roten Holzverschlag gelassen, wie ein Box-Ring, mit vier mal vier Metern. Die Besitzer halten die Hunde noch an der Leine fest. Die Pitbulls - entsprechend abgerichtet - sind rasend vor Wut. Auf Befehl werden beide Tiere ausgelassen und gehen aufeinander los. Die Zuseher drängen sich brüllend an das 1,20 Meter hohe Geländer und wir können kaum mehr etwas erkennen, worüber wir nicht unglücklich sind.
Unglaubliches Gemetzel
Das Gemetzel dauert drei bis vier Minuten. Dann ist es vorbei und die Menschenmassen strömen ausei-nander. Jetzt haben auch wir freien Blick auf die Arena. Alles ist voller Blut, ein Pitbull liegt am Boden, der Hals ist vollkommen zerfetzt. Ein Auge fehlt ihm, aus vielen Wunden fließt Blut. Der "siegreiche" zweite Hund sieht nicht viel besser aus, ist aber noch immer schwer zu bändigen. Er wird hinausgezerrt.
Der schwer verletzte Verlierer röchelt immer noch. Er wird von seinem Besitzer an einem Bein hinausgeschleppt und dabei bespuckt und beschimpft. Das Gleiche tun übrigens auch die Personen, die auf dieses Tier gewettet und verloren haben. Wir versuchen dem Hund zu folgen und sehen, dass er einfach über einen Metallzaun auf ein Nachbargrundstück geworfen wird. Dann ist der Spuk vorbei, die Organisatoren zahlen die Gewinner aus und kündigen schreiend den nächsten Kampf an. Niemand hier zeigt einen Funken Anstand oder Mitgefühl und es sind tatsächlich die Frauen, die sich am besten zu amüsieren scheinen. Ein ganz normaler Dienstagabend auf Gran Canaria, an dem für uns nichts normal ist.
Auf Teneriffa am schlimmsten
Es ist international bekannt, dass Hundekämpfe auf den Kanaren noch immer sehr beliebt sind. Ein früheres Mitglied der Organisation Pitbulls 4 Life hat uns in diese Szene eingeschleust, aber wirklich viel Anstrengung hat das den gebürtigen Deutschen nicht gekostet: "Es wird hier gar nicht großartig ein Geheimnis daraus gemacht. Lediglich der Ort der Veranstaltung wird erst am selben Tag per SMS verschickt. Touristen nehmen kaum daran teil, außer die aus dem Ostblock, für die ist das großes Kino. Noch schlimmer läuft das auf Teneriffa, da finden fast täglich Hundekämpfe statt, die Tiere werden sogar vom Festland oder von unserer Insel geholt, da es so viel Nachfrage gibt. Wie auf dem Festland hat ein Hund dort 21 Tage Zeit, bis er eingeschläfert wird. Kranke und nicht soziale Hunde haben noch nicht mal die 21 Tage. Aber mittlerweile bleiben die Hunde gar nicht so lange, sondern werden aus den Heimen geholt, um sie zu Kampfhunden zu drillen."
Geringe Strafen
Zurück zu den Hundekämpfen: Mittlerweile hat der zweite Kampf begonnen und wir wollen nicht mehr zusehen. Wir versuchen mit ein paar Zusehern und mit einem der Organisatoren ins Gespräch zu kommen. Auch unser Informant gibt uns noch wichtige Hinweise. Viele der Kämpfe werden zwar gemeldet, doch die Polizei unternimmt nichts. Unter den Wettenden sind auch viele Polizisten und Beamte. Die Höchststrafe für einen Organisator sind im Normalfall bis zu maximal 500 Euro, an einem guten Tag kann so ein Kampfabend mit fünf Kämpfen bis zu 20.000 Euro einbringen. Diese kleine Geldstrafe schreckt die Verbrecher nicht im Geringsten ab, die amüsieren sich darüber. Wenn Kampfhunde beschlagnahmt werden, können die Züchter oder Besitzer sie um kleines Geld wieder zurückkaufen.
Ein gut ausgebildeter, aggressiver Pitbull ist ab 2.000 Euro zu bekommen, nach oben hin sind keine Grenzen gesetzt. Es gibt Champions, für die wurden schon sechsstellige Beträge bezahlt. Die Hunde werden jeden Tag trainiert, das heißt, sie werden gefoltert, geprügelt und wahnsinnig gemacht, jedes Mittel ist dazu recht.
Leid der Tiere ist egal
Unglaublich, wie diese Leute dort mit den Tieren umgehen und nicht einmal mit der Wimper zucken - hier geht es rein ums Geschäft. Ein Organisator erzählt mir stolz, dass es in den letzten zwei Jahren mehrere groß angelegte Razzien in Teneriffa gegeben hat. Auch die Teneriffa News hat darüber berichtet: "Als die Polizei eine Finca (ein landwirtschaftliches Grundstück, Anmerkung) im Süden Teneriffas stürmt, bietet sich ihr ein grausiges Bild: Die Beamten finden mehrere Hundekadaver, teilweise in offenen Plastiktüten, sowie Blut und Knochen. All das ist gemischt mit lautem Gebell und dem Lärm wetteifernder Menschen. Die Beamten aus Güimar haben soeben einen illegalen Hundekampf gestürmt." Der Organisator berichtet lachend von einem riesigen Schwindel, in kürzester Zeit waren alle Beteiligten wieder frei, unter anderen auch er. Die Polizei musste diesen Bluff abziehen, da der Druck von Tierschützern und manchen Medien schon sehr groß war, nun geht aber alles wie gewohnt seinen Gang. Solche Alibiaktionen werden öfters gemacht, die letzte war am 21. Februar 2017.
Polizei kommt nicht
Während der Kämpfe gehen zwei junge Buben mit kalten Getränken herum, es gibt auch Bocadillos, belegte Brote. Hier hat offensichtlich keiner das Gefühl, etwas Unrechtes zu tun, für österreichische Tierliebhaber einfach unbegreiflich. Nach knapp einer Stunde verlassen wir mit unserem Mittelsmann die Veranstaltung und rufen sofort, als wir bei unserem Auto sind, mit dem Handy die Polizei. Wir warten fast 30 Minuten und nichts passiert. Der deutsche Tierschützer ruft noch einmal an, diesmal bei einer Sondereinsatztruppe der Guardia Civil. Wir warten weitere 25 Minuten und nichts passiert, dabei ist laut unserem Informanten die nächste Polizeistation nur fünf Minuten entfernt.
Anscheinend interessiert es hier in Wahrheit niemand, die Polizei auf jeden Fall definitiv nicht. Unvorstellbar, dass dies innerhalb der EU gang und gäbe ist, während sich die unnötigen Zeitgenossen in Brüssel lieber Gedanken über die Farbe von Pommes machen. Wir wollten uns vergewissern, ob es auf dem wunderschönen Gran Canaria wirklich so schlimme Hundekämpfe gibt und müssen leider sagen: Nein, sie sind noch viel schlimmer.