Toni Mahdalik, Klubobmann und Verkehrssprecher der FPÖ Wien, fährt in Wien fast alles mit dem Rad. Vorbildlicher geht nicht. Dennoch setzt sich der Stadt-Politiker massiv für die Autofahrer ein. Wieso er das tut, und warum die grüne Verkehrspolitik für ihn eine katastrophale ist, erklärt er im Interview mit alles roger?, zu dem er aus Wien-Essling nach Dornbach mit dem Fahrrad kam ...
Interview: Martina Bauer
Sie sind jetzt tatsächlich von Essling mit dem Rad hierhergekommen. Wie lange sind Sie gefahren?
Das kann man alles nachlesen (zückt das Handy), eine Stunde 25 Minuten habe ich für die 25 Kilometer gebraucht.
Auf wie viele Rad-Kilometer kommen Sie pro Jahr?
Zwischen 5.000 und 6.000. Wobei meine Frau und ich die Fahrräder auch im Urlaub mithaben und wir auch am Wochenende Radausflüge machen. In die Berge geht's allerdings mit geliehenen E-Bikes.
Dennoch setzen Sie sich massiv für die Autofahrer ein. Wie kommt's?
Zunächst muss ich sagen, dass es mehrere Gründe hat, warum ich so viel mit dem Rad fahre. Mit dem Auto würde ich genauso lange oder wegen der Staus länger brauchen, wenn ich ins Rathaus fahre. Ich kann mit dem Fahrrad ganzjährig ins Büro fahren, weil ich mich dort duschen und umziehen kann. Die meisten anderen Menschen haben diese Möglichkeit nicht. Die sind aufs Auto angewiesen, für ihren Job, oder weil sie ihre Kinder abholen müssen. Gerade deswegen setze ich mich für flüssigen Verkehr ein, denn nur der ist umwelt- und klimafreundlich.
Die grüne Verkehrspolitik haben Sie zuletzt als alten Wein in neuen Schläuchen bezeichnet. Die Hoffnung auf Veränderung durch den Wechsel von Maria Vassilakou zu Birgit Hebein haben Sie also begraben?
Ich habe sie nie wirklich gehabt, aber spätestens seit ihrer Ankündigung, dass sie gerne alle 250 Meter eine Begegnungszone hätte, was ohne jeden Bezug zur Realität ist und nur eine Ansage ans Stammpublikum, habe ich meine Hoffnungen feierlich begraben.
Wirklich schlimm ist es mit dem Auto in die Innenstadt zu fahren, wo man auf einen sinnlosen Einbahnzirkus trifft, der einen zu langen Umwegen zwingt.
Ja, das jüngste Prestige-Projekt der Grünen, die Begegnungszone Rotenturmstraße wird diese Problematik weiter verschärfen und durch die Parkplatzvernichtung auch massive Einbußen für die Geschäftsleute mit sich bringen.
Wie erklären Sie sich diese Widersinnigkeit der Grünen, einerseits gegen CO2 zu wettern, und andererseits durch Staus und viele Umwege-Kilometer, so viel mehr zu produzieren?
Ich glaube, sie machen das aus dogmatischen Gründen, weil die Grünen gegen Autofahrer sein müssen, weil die Klientel das erwartet und weil sie so Stimmenmaximierung betreiben. Ob dabei die Umwelt zu Schaden kommt, ob die Anrainer mehr Lärm oder mehr Abgase und Feinstaub haben, ist ihnen sozusagen egal, Hauptsache die Wahlergebnisse stimmen. Unter diesem Aspekt ist auch die Parkplatzvernichtung widersinnig, zumal viele Autofahrer noch viel mehr unnötige Kreise ziehen müssen, um mal überhaupt einen Parkplatz zu finden.
Die Parkplatz-Thematik wird in Wien generell immer schwieriger.
Ja, aber die ist mit der Parkplatzvernichtung von Rot-Grün im öffentlichen Raum hausgemacht. Zudem haben Rot und Grün bei der letzten Bauordnungsnovelle im Gemeinderat beschlossen, dass nicht für jede neu gebaute Wohneinheit auch ein Stellplatz zur Verfügung gestellt werden muss, was früher gegolten hat. Jetzt ist es nur mehr ein Parkplatz für zwei Wohneinheiten.
Gibt's auch was Positives an der grünen Verkehrspolitik?
(Denkt lange nach) Auch wenn ich lange überlege, mir fällt beim besten Willen nichts ein.
Der größte Schildbürgerstreich der Grünen, Ihrer Meinung nach?
Ich würde gerne dieses Beispiel bringen: Bei der U2-Verlängerung in den 22. Bezirk hat es die Stadt Wien zustande gebracht, bei sieben neuen U-Bahn-Stationen 1.500 Abstellmöglichkeiten für Fahrräder bereitzustellen, aber nur 400 Park-and-Ride-Plätze zu errichten.
Womit wir bei den Pendlern wären. Das ist ja auch ein Problem für Wien.
Nachdem jeden Tag 200.000 bis 300.000 Pendler mit dem Auto aus den Bundesländern nach Wien kommen, müssten viel mehr Park-and-Ride-Plätze an den Stadträndern errichtet werden. Diese sollten gemeinsam mit dem Land Niederösterreich finanziert werden. Die FPÖ tritt auch seit vielen Jahren für die Verlängerung der U-Bahn-Linien ins Wiener Umland ein. So könnte die U2 bis Großenzersdorf, die U4 bis Auhof, die U6 nach Mödling oder die U1 nach Stammersdorf verlängert werden.
Ist das Wiener Verkehrsnetz so attraktiv wie es immer dargestellt wird?
Das Netz bietet teilweise hohe Qualität, auf der anderen Seite gibt es auch Problemlinien wie die U6 mit Drogendealern, Gewalt und Schmutz, die den Leuten das Umsteigen auf die öffentlichen Verkehrsmittel nicht gerade schmackhaft machen.
Speziell die U6 bezeichnen viele Wiener als die Hölle.
Darum haben wir immer eine eigene U-Bahn-Polizei gefordert, die für mehr Sicherheit, aber im Endeffekt auch alleine durch ihre Präsenz für mehr Sauberkeit in den Garnituren und Stationen sorgen würde.
Viel besser haben es da in Wien die Radfahrer, oder?
Eigentlich nicht, weil der Radfahreranteil seit Beginn der rot-grünen Koalition im Jahr 2011 nur marginal gestiegen ist und noch immer bei sieben Prozent herumgrundelt. Ziel waren zehn Prozent bis 2015. Dieses wurde kurzerhand auf 2020 verschoben.
Dennoch hat man als Autofahrer das Gefühl, dass die Radfahrer von der Wiener Verkehrspolitik extrem hofiert werden und nahezu Narrenfreiheit genießen.
Das stimmt. Die immer größer werdende Gruppe von Rad-Rowdys gefährdet vor allem Fußgänger und auch sich selbst. Außerdem verursachen sie hohe Schäden bei parkenden Autos. Oft brettern sie wie die Verrückten durch die Gegend, fahren gerne auch bei Rot über die Ampel, und begehen so gut wie immer Fahrerflucht.
Was halten Sie von Nummerntaferln für Radfahrer?
Nummerntaferln würden Abhilfe bei den Problematiken schaffen, weil man die Übeltäter so endlich identifizieren könnte, und das vielleicht auch eine Präventivwirkung hätte. Wir fordern auf jeden Fall eine Pflichtversicherung für alle Radfahrer und deutlich verschärfte Kontrollen.
Sie haben den Wiental-Radweg als Millionen-Grab bezeichnet. Wieso?
Die rot-grüne Variante kostet wie üblich dutzende Parkplätze und die ansässige Gastronomie viel Umsatz. Die FPÖ-Variante, entlang der Marktstände, wäre hier weit wirtschaftsfreundlicher und günstiger.
Und was sagen Sie zum E-Scooter-Boom auf den Wiener Straßen?
Die jetzt schon 6.500 Leih-E-Scooter sind entschieden zu viel. Sie liegen an allen Ecken und Enden unserer Stadt verkehrsgefährdend herum und bringen vor allem sehbeeinträchtigte Menschen oft in große Schwierigkeiten. Der Blinden- und Sehbehindertenverband Wien/Niederösterreich und Burgenland hat übrigens schon dagegen protestiert.
Wo gibt's realistische Möglichkeiten zur Verbesserung? Was würde sich ändern, wenn Sie das Sagen hätten?
Ich würde einen S-Bahn-Ring um Wien forcieren, die Autofahrer-Schikanen wie Einbahnzirkus, Parkplatzvernichtung und vieles andere ändern.
Sie würden also das Einbahnsystem verändern?
Ich würde es so optimieren, dass der Verkehr in Zukunft wieder flüssig, umwelt- und anrainerfreundlich wird. Wie gesagt, nur flüssiger Verkehr ist umweltfreundlich. Jeder vorsätzlich erzeugte Stau ist in jeder Hinsicht kontraproduktiv. Außerdem würde ich sinnlose Prestigeprojekte wie zum Beispiel die Mariahilfer Straße Neu sinnvoll zurückbauen, weil sie jetzt keine Flanier-, sondern teilweise eine versiffte Alkoholiker-Meile darstellt, die Kunden abschreckt und die Wirtschaft schädigt.
Kürzlich haben Sie von sich reden gemacht, als Sie in der Seestadt Aspern ein Straßenschild mit dem Namen einer geläuterten RAF-Terroristen - ein Kunstprojekt - abmontiert haben, ebenfalls als Kunstaktion. Warum?
Von ,geläutert? haben der ermordete Hanns Martin Schleyer und seine Angehörigen herzlich wenig. Auf solche Kunstaktionen können wir in Wien gerne verzichten, sonst haben wir bald auch eine Stalin-Allee oder einen Mao-Platz.
Wie war das Feedback auf diese Aktion?
Überwältigend und zu über 98 Prozent positiv.
Abschließend: Welche Ziele haben Sie für die kommende Wien-Wahl im Oktober 2020?
Ich wünsche mir für die Wiener Bevölkerung, dass Dominik Nepp erster FPÖ-Bürgermeister der Bundeshauptstadt und der rot-grüne Spuk damit beendet wird. Ich will Verkehrsstadtrat werden und wieder für ein friedliches Miteinander aller Verkehrsteilnehmer sorgen.