Zwischenstopp in Kiew auf dem Weg in die Weltgruppe

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Mit Dominic Thiem hat die österreichische Sportwelt endlich jenen Typen gefunden, auf den nicht nur die Tennisszene so bang gewartet hat.

Der 22-Jährige ist dank seines begna-deten Talents und der außergewöhnlichen Aufopferungsbereitschaft auf dem besten Weg zum internationalen Superstar. Und was fast noch wichtiger ist: Der Lichtenwörther ist kein sturer, wortkarger Ungustl, der einzig wegen seiner Erfolge bewundert wird. Thiem ist ein intelligenter, freundlicher, auskunftsfreudiger Sportsmann, der, wie man im zweiten Jahr in der Weltspitze schon sagen kann, am Boden geblieben ist.

Beim Davis Cup in der Ukraine, der von 15. bis 17. Juli vor den Toren Kiews gespielt wird, wird die Nummer sieben der Weltrangliste nicht mit von der Partie sein. Im Gespräch mit Betreuer Günter Bresnik erfuhr ÖTV-Präsident Robert Groß, dass Thiem beim zeitgleich stattfindenden ATP-500-Turnier in Hamburg an den Start gehen werde. "Natürlich finde ich das schade, aber es ist seine Entscheidung. Ich wünsche Dominic alles Gute", sagte Groß. "Es ist eine Tragik, dass die ITF die Termine so schlecht koordiniert. Wir müssen mit dieser Situation leben. Auch damit, dass wir jetzt als großer Außenseiter in die Ukraine fliegen."

Ohne Thiem hätte sich das SIMACEK Austrian Davis Cup Team die Chance nicht erarbeitet, in Kiew um einen Startplatz für das Play-off zur Weltgruppe zu spielen. Der Jungstar steuerte beim 4:1 in Portugal satte drei Punkte bei, seine ersten überhaupt für die Nationalmannschaft. Herausragend vor allem der Fünf-Satz-Sieg gegen João Sousa in dessen Geburtsstadt Guimarães sowie der Triumph mit dem Wiener Alex Peya im Doppel. Somit war zumindest das Minimalziel 2016 geschafft, der Klassenerhalt in der Europa/Afrika-Zone I.

Stefan Koubek, der dem Team seit Februar 2015 als Kapitän vorsteht, wird diesmal mit an Erfahrung jungen, hungrigen Flug-Begleitern anreisen - mit Gerald Melzer, der 2015 den entscheidenden dritten Punkt in Schweden zum Sieg beisteuerte, und mit Dennis Novak, der in Portugal seinen ersten Sieg für Österreich einfahren konnte. "Mal schauen, ob bei den Ukrainern deren Top-100-Spieler antreten werden. Auf solche können wir leider diesmal nicht zurückgreifen", sagte Koubek, der sich selbstverständlich nicht schon vorab geschlagen geben will. "Wir werden uns vorbereiten, hinfahren und uns dann mit den Gegebenheiten auseinandersetzen. Alles, was vorher passiert, ist Spekulation." Andreas Haider-Maurer, der im Davis Cup stets zur Hochform auflief, kann der Mannschaft diesmal nicht helfen. Der Niederösterreicher wird versuchen, seine Probleme mit der Ferse bis zu den Erste Bank Open in der Wiener Stadthalle im Oktober in den Griff zu bekommen.

Gewinnt Österreich in der Ukraine, kann im September das Tor zur Weltgruppe durchschritten werden. "Es ist unser mittelfristiges Ziel, wieder in der ersten Liga mitzuspielen", sagte ÖTV-Präsident Groß. "Auch wenn es heuer auch aufgrund einiger Verletzter schwer wird, bin
ich überzeugt, dass wir bald wieder dort sind, wo wir meiner Meinung nach hingehören."

Erfolge im Davis Cup können auch Initialzündung für den Tennissport an sich sein. Siehe Ende der 1980er, als Thomas Muster, Horst Skoff und Alexander Antonitsch mit legendären Erfolgen zum Höhenflug ansetzten. Mit dem 5:0 über Großbritannien in Zell am See stießen die "drei Musketiere" erstmals in die noch junge Weltgruppe vor, in der sie mit dem 5:0 gegen Australien 1989 im Wiener Dusikastadion debütierten. Mit den Siegen erreichten die seit Jahren schwelenden persönlichen Rivalitäten zwischen den Spielern zwar ein kaum noch erträgliches Maß, aber selbst das trug zur Popularität bei. Als Muster durch seine schwere Verletzung ausfiel - 1989 hatte ihn vor dem Finale in Key Biscayne ein Betrunkener mit dem Auto niedergestoßen -, ging das Viertelfinale gegen Schweden 2:3 verloren. Dennoch bleibt das 9:7 im fünften Satz nach sechs Stunden und vier Minuten für Horst Skoff gegen den großen Mats Wilander unvergesslich.

1990 feierte Muster sein Comeback - Österreich gewann 3:2 gegen die Spanier in Barcelona! Es folgte ein 5:0 über Italien in Wien, mit dem Österreich erstmals in der Geschichte des Davis Cup ein Semifinale erreichte. Was dann im Wiener Praterstadion vor täglich bis zu 17.000 Zuschauern passierte, ist längst in Österreichs Sportgeschichte eingegangen: Die USA siegten 3:2, weil Horst Skoff im entscheidenden Einzel nach 2:0-Satzführung gegen Michael Chang unterlag. Nur ein Satz fehlte also dem ÖTV-Team im Halbfinale zur Sensation. Muster hatte mit Siegen über Andre Agassi und Michael Chang für die beiden Punkte gesorgt. Ex-Davis-Cup-Kapitän Gilbert Schaller erinnert sich zurück. "Gegen Amerika zu Hause im Praterstadion, das war aus österreichischer Sicht für den Tennissport ein Jahrhundert-ereignis."

In ewiger Erinnerung der Tennisfans wird auch das 2:3 in Unterpremstätten 1994 gegen Deutschland bleiben, als Muster mit einer unfassbaren Willensleistung Michael Stich, den Sieger in Wimbledon und Paris, mit 6:4, 6:7, 4:6, 6:3 und 12:10 niederrang.

Der neue Muster namens Dominic war damals sechs Monate alt.


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